Inszenierungskonzept
Das Wolfsfrau-Projekt ist das zweite Abendprogramm
des Berliner Figurentheaters puppen.etc, der Solopuppenspielerin
Christiane Klatt, unter der Regie von Susanne Henke. Unterstützt
von der Musik des Akkordeonisten Felix Kroll sieht sich unsere
Protagonistin (Figurenbau: Silvia Eisele) mit Veränderungen
in ihrer gewohnten Umgebung konfrontiert, die sie auf die
Dauer nicht länger ignorieren kann. Die verstreuten Knochen
werden zu Figuren, die sich aufdrängen. Bevor ihre Welt
ganz aus den Fugen gerät, wird eine Konfrontation unausweichlich
...
Idee/Ausgangspunkt
Quelle der Inspiration war die Sage von La Loba, die Wolfsfrau
oder Knochenfrau. Sie kriecht tief gebückt und sucht
Knochen, speziell Wolfsknochen, bis sie ein vollständiges
Skelett schön säuberlich wieder zusammen setzen
kann. Dann faltet sie ihre Hände darüber und singt.
Es zieht sich langsam wieder Fleisch und Haut über die
Knochen, der Schwanz beginnt zu zucken und der Wolf beginnt
zu atmen. Dann springt er auf und läuft davon, am Horizont
nimmt er die Gestalt einer Frau an, die sich laut auflachend
schüttelt und verschwindet. - So beschreibt sie Clarissa
Pinkola Estés in ihrem Buch Women Who Run With The
Wolves. Es geht dort um Initiationsriten, um Begegnungen mit
der eigenen Intuition, den Weg zurück zur Wilden Frau
- den Weg zu Einklang und Heilung.
Konzeption
In einer Zeit, in der uns unsere Wünsche, Ziele und Lebensweisen
exakt in Farbe und Geschmack vorgegeben werden, verliert sich
die Spur, der hauchdünne Faden zum inneren Selbst immer
mehr.
Immer mehr Menschen sind deshalb wieder auf der Suche, denn
ohne die Verbindung zur Mitte empfinden wir eine Leere, die
durch keinen Konsum gefüllt werden kann. Wie finden wir
zurück zu Leidenschaft, Kreativität, Instinkt und
Selbstbewusstsein? Nicht umsonst gibt es einen Zulauf zu esoterischen
Angeboten, Meditation, Yoga, Sinnfindungsseminaren. Zurück
zu den Urinstinkten, zurück nach Hause - dieses Heimweh
ist allgemein spürbar, in vielen Gesprächen, die
wir geführt haben. Aber wie? Geht das? Oder schlimmer
noch: Darf man das? Lieber wird ein Burn-out zum Ausweg...
In unserem Projekt wollen wir exemplarisch an einer Figur
in verschiedenen Episoden das Entdecken der verstreuten Knochen,
das "Knochensammeln" nachvollziehen, bis zur Vollständigkeit
und Wiederbelebung. Animation ist die Essenz des Puppenspiels
und deshalb halten wir dieses Thema für unsere neuste
Produktion geradezu wie geschaffen. Der Mythos der Knochenfrau
ist das Skelett des Abends.
Es geht dabei nicht um die Bestandsaufnahme, dass uns allen
schmerzhaft bewusst wird, dass wir nicht mehr vollständig
sind, sondern auch um ein Angebot, wie eine Ganzheit wiedererlangt
werden kann. Es geht um aktives Suchen, um Konfrontation,
um einlassen und loslassen.
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